Tuntenschicksal

Ich stand als Kind so oft vor Mutters Kleiderschrank
Und hielt ihr kleines Schwarzes in den Händen
Mein Herz fing an zu schlagen und mir wurde bang
Wo sollte dieses Schicksal einmal enden

Noch wagte ich es nicht, die Kleider anzuziehen
Zu groß war meine Angst, und doch die Lust
Hielt mich in ihrem Bann, sie zog mich mächtig hin
Denn was ich wollte, war mir noch nicht bewusst

Ich wollte einmal im Fummel auf der Bühne stehen
Umjubelt im Rampenlicht
Ich wollte einmal als Tunte auf der Bühne stehen
Und singen, bis euch das Herz zerbricht

Mit 15 kam ich dann in meine Pubertät
Mit Flaum und Akne nicht zu übersehen
Es drängte mich, ich wusste, wie es um steht
Ich musste meinen Weg zu Ende gehen

Es war niemand zuhaus, ich zog mich heimlich um
Der Rock kniff ganz gemein an meinem Po
Die Pumps waren viel zu eng, ich hielt mich schief und krumm
Das Ziel vor Augen war ich dennoch froh

Ich wollte einmal im Fummel auf der Bühne stehen
Umjubelt im Rampenlicht
Ich wollte einmal als Tunte auf der Bühne stehen
Und singen, bis euch das Herz zerbricht

Schon bald entdeckte ich die pralle Männerwelt
Mein Herz gehörte einem Nachbarsjungen
Doch er hielt nicht viel von mir und dem, was mir gefällt
Ich wäre beinah vom Balkon gesprungen

Die anderen, die ich traf, die wollten doch nur Sex
Nicht einer war berauscht, wenn ich mal sang
Trug ich mein schönstes Kleid, dann waren sie perplex
Jetzt lebt in mir nur noch der eine Drang, ein Rachezwang

Ich will einmal im Fummel auf der Bühne stehen
und singen, so gnadenlos schlecht
und euch allen soll sich ruhig der Magen umdrehen
ja, mir ist recht, wenn ihr brecht

Text: Primmich/von Henkell